Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 08.07.2014, 23:48   #3
bluedog
24/7 Poster
 
Registriert seit: 05.12.2006
Ort: Menznau LU/CH
Alter: 44
Beiträge: 6.930
Standard

Ja, der M100 hat eine Wandlerautomatik.

Am ehesten findet man sowas noch bei Koreanischen Modellen.

Toyota setzt auch noch da drauf, aber eher bei grösseren Modellen.

Für kleinere, sparsame Autos setzen sich immer mehr automatisierte Schaltgetriebe durch. Heissen tun die bei jedem Hersteller wieder anders.

Citroen nennt sowas sensodrive. Toyota nennts Multi-Mode-Transmission. Alpha Romeo nennts Selespeed, Ford glaub ich Duratorque, Wie es Opel nennt, weiss ich nicht, gehe aber davon aus, dass der Corsa sowas hat.

Das erste Auto, bei dem sich sowas durchsetzte, war der Smart, der bis heute dabei geblieben ist.

Der Volkswagen-Konzern kennt etwas ähnliches, technisch viel aufwändigeres als DSG. Auch Porsche hat sowas. Das sind dann die Doppelkupplungsgetriebe. Vereinfacht gesagt, sind da zwei Getriebe und zwei Kupplungen parallel ineinander verschachtelt. Viele Teile, komplexer Aufbau, teure Reparaturen, aber ein absolut überlegener Komfort.

Der Trick: Das eine der beiden Getriebe ist für die Ungeraden, das andere für die graden Gänge. Beim weiterschalten braucht sich also nur die eine Kupplung zu öffnen und die andere zu schliessen. Auf dem gerade nicht eingekuppelten Teil kann man dann schonmal den nächsthöheren Gang einlegen, bzw, wenn heruntergeschaltet werden soll, auch den nächsttieferen.
Somit fast keine Schaltpausen, fast keine Rucke und, weil nur die Kupplungen betätigt werden müssen, sehr schnelle Gangwechsel.

Automatisierte Schaltgetriebe wie Smart und andere Franzosen sie kennen, auch die Drillinge Aygo/C1/107, sind leichter, viel billiger und einfacher aufgebaut, da sie im grunde normale manuelle Getriebe sind, die von einem Rechner per Servomotoren bedient werden. Dafür liegt dort der nächste Gang nie bereit und muss immer erst eingelegt werden, ehe wieder eingekuppelt werden kann und es wieder vorangeht. Da oft auch nicht an eine Rückrollsicherung gedacht wurde, muss man auf steileren Abschnitten auch schon mal die Handbremse zu hilfe nehmen beim Anfahren, und die Schaltvorgänge sind jeweils deutlich merkbar, denn anders als bei der Wandlerautomatik wird mit dem Auskuppeln die Kraftübertragung zu den Rädern für die Dauer des Schaltvorgangs komplett unterbrochen.

Dafür brauchen diese Getriebe kaum mehr Benzin als ein manuelles. Etwas mehr wirds sein, denn die Schaltlogik ist in der Regel nicht so ausgefeilt, wie wenn man selber schalten würde. Im Gegensatz zur Wandlerautomatik kann man aber dafür auch in beide Richtungen manuell eingreifen.

Während die Getriebesteuerung im M100 grob gesagt immer versucht, den höchstmöglichen Gang zu wählen, und nur zum Beschleunigen oder wenn Du eine niedrigere Fahrstufe anwählst, zurückschaltet, kannst Du einem DSG oder einem automatisierten Schaltgetriebe immer Befehle in beide Richtungen geben, oft sogar per Schaltpaddel am Lenkrad. Das heisst, Du kannst jederzeit sowohl den nächsthöheren als auch den nächstkleineren Gang anfordern. Dazu musst Du entweder nur einen Knopf drücken, oder in einen manuellen Modus wechseln. Je nach auslegung der Getriebesteuerung und Designphilosophie des Herstellers, sind Details jeweils anders. Manche Systeme schalten auch im manuellen Modus automatisch, wenn eine Drehzahlgrenze erreicht wird, manche verbleiben nach einem manuellen Eingriff einige Sekunden im manuellen Modus, um dann selbstätig auf Automatikmodus zurückzukehren, manche schalten gar nicht mehr automatisch, oder nur noch nach unten, so dass man den Motor nicht abwürgen kann.

Alle Systeme haben gemeinsam, dass sie kein Kupplungspedal kennen, und dass sie im Automatikmodus fahrbar sind, dann aber meist mehr Benzin haben wollen, als wenn man zumindest hie und da manuell eingreift, und dass sie in der Regel den Komfort eines Wandlergetriebes nicht ganz erreichen, aber dafür auch nicht so durstig sind.

Wie sie bedient werden, ist Hersteller und Modellabhängig. Manche kennen Lenkradpaddel, manche eine manuelle Schaltgasse, bei manchen wechselt man die Gänge durch seitliche Bewegungen des Schalthebels, manche durch vor-und-zurückwippen, wobei die Richtungen zum Gangwechseln nie standardisiert sind.

Alles in allem: Nie so ein Auto ohne ausführlichste Probefahrt kaufen. Die Probefahrt sollte Bergauf und bergab führen, eine Staufahrt beinhalten (da erlebt man bei automatisierten Schaltgetrieben manche Überraschung...) und man sollte einige Manöver ausprobieren. Dreipunktwende oder vielleicht seitwärts einparken, es muss ja, mit einem noch nicht bekannten Wagen keine allzu enge Lücke sein. Es geht nur darum, die Schwächen und Tücken des Getriebes aufzudecken, um zu sehen ob man damit leben kann. Gewöhnungsbedürftig ist das auf jeden Fall, wenn man vom Wandlerautomaten kommt.

Was man auch mal ausprobieren sollte, sind zügige Anfahrten und überhölvorgänge... Wandlerautomaten sind da meistens haushoch überlegen, also erstmal immer sehr viel Sicherheitsmarge einplanen! Man sollte bevors um Leben und Tod geht herausfinden, wie der Automat sich verhält.

Nun zu mir: Ich habe den in der Signatur aufgeführten Cuore gefahren, ebenfalls mit Wandlerautomat, und als ich den hergeben musste, hab ich auf einen Citroën C1 gewechselt. Der hat zwar den Daihatsu/Toyota-Dreizylinder, aber eben ein Automatisiertes Schaltgetriebe. Läuft sehr sparsam, ist aber vergleichsweise anstrengend zu bedienen, und weniger flink. Man kann sich z.B. nicht auf den Kickdown verlassen beim überholen, weil Schaltvorgänge, während derer es eben keinerlei Vortrieb gibt, gefühlte Ewigkeiten dauern. Man Muss sich also angewöhnen, selber den passenden Gang rechtzeitig vorzuwählen, was man als Wandlerautomatik-Verwöhnter nie musste. Auch wenn man z.B. an der Kreuzung anfährt, muss man immer eine Sekunde weiter vorausdenken, denn mit dem Tritt aufs Gaspedal ist es noch nicht getan; erst danach kuppelt der Roboter ein, mit merklicher Verzögerung...

Auch Bergauf merkt man einen deutlichen Unterschied: Während eine Wandlerautomatik in einer Steigung einfach die Wandlerüberbrückung aufmacht, und somit fast beliebig viel durchzug erreicht, weil der Wandler als Drehmomentstütze funktiniert, und notfalls auch ohne (vollständige) Zugkraftunterbrechung geschaltet werden kann, was nur an einem sanften Ruck zu spühren ist, muss das automatisierte Schaltgetriebe die Kupplung aufmachen, den passenden Gang einlegen und wieder einkuppeln, und erst dann gehts wieder voran... Fühlt sich an, als würde der Wagen kurz stehen bleiben, und ruckt deutlich mehr als beim Wandler, vor allem bei hohen Drehzahlen, und das obwohl die Getriebesteuerung mit der Motorsteuerung kommuniziert und jeweils die Drehzahlen abstimmt und in der Regel viel zu zögerlich einkuppelt. Ist der Gang dann mal drin, hat man weniger übertragungsverluste als beim Wandler und kommt also entsprechend besser und vor allem sparsamer voran.

Was jetzt kommt, ist Modellabhängig, aber zumindest bei den Drillingen ist es so: Man muss sich einen weit vorausschauenden Fahrstil angewöhnen, denn schnelle Anfahrten sind schlicht nicht vernünftig umsetzbar. Mein C1 ist beim Anfahren eine wahre Wanderdühne, weil die Automatik die Kupplung viel zu lange schleifen lässt. Auch die Schaltvorgänge finden in der Regel nicht nach einem verlässlichen Muster statt. Da würde der Automat auch mal eiskalt den 2. Gang bis an den den roten Bereich ausdrehen, nur weil man mit etwas zu viel Gas angefahren ist. Ich habe das so gelöst, dass ich meistens von Hand hochschalte und die Automatik nur noch zum Herunterschalten brauche. Nebeneffekt: Man kann den Wagen, solange die 5 Gänge dazu ausreichen, eigentlich immer unterhalb 2000 Umdrehungen fahren und ist so sehr sparsam unterwegs. Die Wandlerautomatik des Cuore war eigentlich erst zwischen 2000 und 3000 Umdrehungen richtig gut, was einiges vom Mehrverbrauch erklärt.

Fazit: Automatisierte Schaltgetriebe sind nicht mit Wandlerautomaten vergleichbar. Man muss sie anders fahren, muss sie besser kennen und sich jeweils bewusst auf das Prinzip einlassen. Die Technologie ist bei weitem nicht so ausgereift wie die Wandlerautomatik, und ausserdem so jung, dass jeder Hersteller wieder andere gepflogenheiten in seine Getriebesteuerung einbaut. Oft gibts gravierende Unterschiede sogar innerhalb der gleichen Marke. So sind die grösseren Citroën und Peugeot-Modelle mit einem anderen Automatisierten Getriebe ausgestattet als der C1/107, welche technisch von Toyota kommen. Beim C1 drückt man den Hebel nach hinten zum heraufschalten, im C3 Picasso meiner Eltern drückt man den Hebel dazu nach vorn...

Das heisst: Wirklich am Auto ausprobieren ob man damit zurecht kommt! Allgemein lässt sich zu wenig sagen.

Die zweite grosse Gruppe der Alternativen zum Wandlergetriebe sind die Stufenlosen Getriebe, auch als CVT oder eCVT bekannt. Die kennen (mit Ausnahme von Mercedes's A-Klasse, B-Klasse weiss ich nicht) keine festen Gangstufen, sondern übertragen die Kraft mittels Schubgliederkette oder Riemen und Konen mit veränderlichem Durchmesser jeweils variabel, so dass man schonmal um Schaltrucke herumkommt.

In der Regel brauchen die etwas mehr Benzin als automatisierte Schaltgetriebe, sind aber wesentlich komfortabler. Die Kupplung kann per Wandler oder elektromagnetisch sein, theoretisch könnte auch eine herkömmliche Reibkupplung zum Einsatz kommen.

Die Getriebe sind oft nicht ganz so haltbar wie Wandlerautomatik, und man hat dann teure Reparaturen. Ansonsten aber ganz Brauchbar. Soweit ich weiss im Einsatz bei Fiat, Ford, Toyota (iQ), Subaru, Ford und Mazda. Das Fahrverhalten ist für Wandler-Gewohnte unter Umständen auch gewöhbnungsbedürftig, aber viel Komfortabler und meist auch sehr viel harmonischer als mit automatisierten Schaltgetrieben. Negativ wurde oft der sogenannte Gummibandeffekt angeführt, weil erst der Motor hochdreht, und sich dann der Wagen mit gleichbleibender Drehzahl in Fahrt setzt. Wer allerdings mal die billigeren automatisierten Schaltgetriebe ausprobiert hat, wird für diese milden Mängel eher nur ein müdes Lächeln übrig haben... abgesehen davon dass mittlerweile mit elektronischen Steuerungen daran schon viel verbessert wurde.

CVT sind konstruktionsbedingt nur für leichte, eher schwach motorisierte Fahrzeuge zu empfehlen. Automatisierte Schaltgetriebe gibt es hingegen bis hinauf zum 40-Tonner.
__________________
Cuore L251 Bj 7/2003, Automatik: Ausrangiert, leider!

Citroen C1 Automatik BJ 2011:

Mofa: Dreirad auf Basis eines Amsler-Pony, Verbrauch Zweitaktgemisch: <3.5l/100km.

Das grosse Artensterben auf dieser Welt wird den Menschen erst bewusst werden, wenn schliesslich auch der Tiger im Tank ausstirbt.
bluedog ist offline   Mit Zitat antworten