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Alt 09.03.2013, 01:13   #24
bluedog
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Ich glaube, LPG-Umrüstung kann man knicken bei dem Auto. Verbraucht zu wenig, um durch den Preisunterschied die Anlage auch nur amortisieren zu können, geschweige denn mit LPG zu sparen. Da brauchts nur noch ein paar ausserplanmässige Werkstattbesuche und man legt drauf.

Ich hatte das für meinen L251 mal durchgerechnet, allerdings zugegebenermassen mit CH-Preisen. Ergebnis: Realistisch betrachtet wär ich mit LPG teurer unterwegs gewesen als mit Benzin oder einer E85-Mischung.

Zur Abbrandgeschwindigkeit:

Die wird (nicht nur, aber auch) durch die Oktanzahl beeinflusst.

Bioethanol hat als E85 etwa 106 bis 108 Oktan, soweit ich mich erinnere. Wikipedia meint 104...

LPG laut Wikipedia 103 bis 111 (kommt wohl auf die Gasmischung an)

E10 95 bis 97.

Brauchen tut der Motor 95. (L276)

Super hat 95.

Super Plus hat 98 bis 102

Läge das mit dem Ventilabbrand an der langsameren Abbrandgeschwindigkeit, so müsste Ethanol pures Gift für die Ventile sein. Danach käme LPG und gleich dahinter BP/Aral Ultimate 102.

So: Wir wissen alle, dass die Superplusbenzine zwar bei dem Motor teurer Unsinn sind, weil die hohe Oktanzahl gar nicht ausgenutzt wird, aber schaden tuts nicht. Die Oktanzahlvorgaben sind denn auch Minimalwerte. Drunter darfs nicht sein, drüber macht nichts, bringt aber je nach Motor auch nichts.

LPG ist nicht schlimmer als Super+ und das geht problemlos.

Folgerung: Es liegen die Ventilschäden NICHT an der Abbrandgeschwindigkeit. Wenn Man mal einen Rennwagen aus den 20ern oder Dreissigern im Betrieb beobachtet hat, weiss man auch warum: Aus den Auslassöffnungen schlagen so oder so Flammen. Die waren damals tendentiell höher als heute, weil man heute für den geregelten Katalysator ein etwas fetteres Gemisch verwendet, aber Flammen sind flammen, und die Auslassventile bekommen die ab. So oder so, bei jedem Treibstoff.

Allerdings hab ich schon angedeutet, dass man über die Gemischregelung die Abgastemperatur beeinflussen kann. Mageres Gemisch brennt heisser als fetteres. Also: Ventile brennen ab, weil das Gemisch zu mager ist. Sie tun das aber auch bei passendem Gemisch, wenn das Ventilspiel zu klein wird, so dass die Ventilplatte nicht mehr ganz auf den Ventilsitz zu liegen kommt in geschlossenem Zustand, oder sich die Kontaktdauer verkürzt. Das ist deshalb wichtig, weil durch diesen Kontakt der heisseste Teil des Ventils wärme loswerden kann. Umso weniger, je weniger gut das Ventil passt.

Weitere Falschbehauptung, die nicht ausrottbar ist:

Bleizusatz solle die Ventile schützen oder gar schmieren. FALSCH.

Der einzige Grund, warum man Bleitetraethyl dem Benzin zugegeben hatte, war, weil man die Klopffestigkeit des Benzins erhöhen musste.

Im Zuge der Technischen Entwicklung wurden Motoren immer höher Verdichtend. Der Treibstoff im Gemisch wird dadurch immer explosiver. Ist seine Oktanzahl zu niedrig, so kann es zu Spontanzündungen abseits der Kerzenelektrhoden kommen. Das passiert aufgrund des hohen Druckes und der Temperatur im Brennraum. Man muss also für die im Laufe der Zeit immer höher verdichtenden Motoren auch immer hochoktanigere Treibstoffe anbieten. Anfänglich gab es noch so "gutes" Rohöl, dass man recht hohe Oktanzahlen alleine durch Destillation aus Rohöl erreichen konnte. Zugleich hatten die alten Motoren keinen hohen Oktanbedarf. Sie verdichteten nicht so hoch. Man hört das auch, denn alte Motoren klingen mehr nach Luftpumpe als moderne... die Explosionen sind nicht ganz so gewaltig, weil nicht so hoch verdichtet wird.

Ab etwa den Dreissiger Jahren suchte man aus verschiedenen Gründen nach Klopffesteren Treibstoffen. Es wurde mit dem Benzolanteil im Benzin die Oktanzahl eingestellt. Aus Gründen der Autarkie wurde auch Ethanol in Form von Kartoffelsprit als Oktanzahlverbesserer eingesetzt (In D).

Da mit steigender Oktanzahl im Kraftstoff immer mehr Benzol beigemischt werden musste, das relativ teuer war, suchte man nach Alternativen.

Als sogenanntes Antiklopfmittel, auch Oktanzahlverbesserer, diente z.B. bei ESSO Eisencarbonyl. Das machte das Benzin rot. Man konnte den Treibstoff fertig kaufen, oder auch nur die Carbonylpatronen, die man als Additiv zu herkömmlichem Benzin in den Tank schüttete.

Ich bin kein Chemiker, nur soviel: Das Eisencarbonyl hatte einige Nachteile, die mir entfallen sind. Ich glaube, es war auch nicht so sehr billig...

Bei der Konkurrenz von ESSO setzte man daher auf Bleitetraethyl als Oktanzahlverbesserer. Esso stellte glaub ich dann später auch um...

Das ermöglichte kostengünstige hochoktanige Treibstoffe mit gleichbleibender Oktanzahl. Und es ging solange gut, bis Kathalysatoren aufkamen, denn das Blei aus dem Bleithetraetyl lagerte sich an Kerzen, Ventilen, Kolben und eben auch im Auspuff ab. Es lagerte sich auch im Katalysator ab, und blockierte somit dessen Wirksame Oberfläche dauerhaft. Sollte der Kat also funktionieren, so musste man Treibstoff ohne Bleitetraethyl verwenden.

Da Benzol inzwischen als krebserregend erkannt war, konnte man dahin nicht mehr ausweichen. Ethanol hätte zu erheblichem Mehrverbrauch geführt. Ging auch nicht, hätte man den Kunden nicht verkaufen können, und auch die Gemischregelung für die Katalysatoren wären damit nicht zu schlage gekommen. Tun sie heute noch nicht. Daher muss man für E85 Umrüsten, wenn nicht ausnahmsweise schon ab Werk daran gedacht worden sein sollte.

Man wich auch ETBE aus. Ethanol-tert-butylester. Das Tuts bis heute, und es verursacht keine Ablagerungen in Motor und auch nicht im Kat. Ziel erreicht.

Das Blei im Benzin ist also kein Schutz für die Ventile, sondern es ist im Motor unerwünscht, lagert sich dort aber ab, wenn man Verbleites Benzin verwendet. Es verschmutzt die Zündkerzen und Motor.

Das die Geschichte mit dem Ventilschutz durch Bleitetraethyl, was dann Blei ablagert im Motor, Quatsch ist, sieht man auch daran, dass Motoren, von denen man heute Behauptet, sie gingen ohne Blei oder Bleiersatz im Benzin kaputt, aus einer Zeit stammen, als Bleizusätze im Benzin noch gar nicht erhältlich waren. Verbleites Benzin kam so in den fünfziger Jahren allgemein auf, manchmal auch ein wenig früher. Man tankte Verbleites Benzin auch für VW-Motoren und für die 2CV und Traction Avant, die allesamt technisch Vorkriegskonstruktionen sind. Die sind in den Dreissigern auch ohne verbleites Benzin genauso gut gefahren.

In den Zeiten wars denn auch üblich, alle paar tausend km die Ventile neu einzuschleifen...

Wurde verzichtbar, als die Metallurgie Fortschritte machte und es möglich wurde, härtere Ventilsitze herzustellen. Die kamen dann ohne das aus.

Heute schreibt man das aber dem verbleiten Benzin zu. Ohne Begründung. Ohne Nachweis.

Der einzige Grund für Bleizusatz war die Oktanzahl. Die ist heute auch ohne Benzol und Bleitetraethyl hoch genug, dank ETBE. Zur Repetition: Warum ist die Oktanzahl wichtig: Weil sie das Mass für die Klopffestigkeit des Treibstoffs ist. Ist sie zu tief, dann klopft oder Klingelt der Motor, vor allem bei hohen Drehzahlen. Dazu kommts, wenn sich der Treibstoff aufgrund des Drucks und der Temperatur im Brennraum spontan entzündet (beim Diesel brauchts das, den Benziner kanns zerstören). Dann nämlich kann es sein, dass die Zündung stattfindet, während der Kolben im Verdichtungstakt noch nach oben geht... Irgend wann geht das auf die Lager oder die Pleuel oder die Kurbelwelle, oder auf die Kolbenbolzen und die versagen. Oder es entzündet sich der Treibstoff im Brennraum zwar etwa rechtzeitig, jedoch nicht nur an der Kerze. Dann hat man aufeinander zulaufende Flammenfronten, welche Druck- und Temperaturspitzen verursachen können, für die z.B. der Zylinderkopf oder dessen Dichtung nicht ausgelegt sind.

Dagegen sind zu hohe Oktanzahlen ungefährlich. Die Abbrandgeschwindigkeit ist halt etwas langsamer. Das heisst, die Energie verpufft dann halt zu einem etwas grösseren Teil nutzlos im Auspuff als sonst. Thats it. Es flammt aber sowieso aus dem Auslass... Nur bei magerem Gemisch heisser als bei fetterem Gemisch.

Moderne Motoren haben eine Klopfsensorik. fängt der Motor an zu klopfen, verschiebt man den Zündzeitpunkt in Richtung OT (oberer Totpunkt des Kolbens, das ist der Moment grösster Verdichtung und der Moment, ab dem die Freigesetzte Energie durch den ab dann wieder niedergehenden Kolben via Pleuel und Kurbelwelle in mechanische Arbeit umgesetzt werden kann. Durch die Verschiebung des ZZP Richtung OT wird der schnelleren Abbrandgeschwindigkeit Rechnung getragen. ist so der Druck auf OT geringer, da die Verbrennung und damit die Hitzeentwicklung und somit die Expansion der Verbrennungsgase noch im Gange. Die Verbrennung läuft so lange weiter, bis alles Verbrannt ist. Auch wenn das erst im Auspuff der fall sein sollte.

Hat man nun einen hochoktanigeren Kraftstoff mit weniger Klopfgefahr, so kann man den Druck grösser werden lassen, d.h. man höher Verdichten.

Da bei allen heute üblichen Ottomotoren (Fremdzündern) die Verdichtung konstruktiv gegeben ist (Man könnte höchstens das Auslassventil früher öffnen um sie zu reduzieren... der Rest ist Geometrisch gegeben.), Zündet man den Treibstoff früher. So brennt er vollständiger ab, bevor sich das Auslassventil öffnet und der Kolben im Auspufftakt nach oben jagt. Das bringt auch mehr Druck und somit mehr Kraft pro Arbeitstakt, die Tatsächlich als mechanische Arbeit zur Verfügung steht. Weil der Kraftstoff nicht selbstzündungsgefährdet ist, und man ihn deshalb bei höherem Druck abbrennen lassen kann. Man zündet ihn früher, weil man sicher sein kann, dass er nur an der Zündquelle (i.e. Kerzenelektrhoden, bzw. der Lichtbogen zwischen diesen) abbrennt und nicht durch den steigenden Druck auch noch woanders. Man muss auch etwas früher zünden, damit mehr Zeit bleibt, um die minimal geringere Abbrandgeschwindigkeit zu kompensieren. Man zündet aber vor allem deswegen früher (d.h. weiter vor OT), weil somit die Verbrennung vollständiger im geschlossenen Brennraum ablaufen kann, und nicht erst hinter dem Auslassventil.

Die höhere Klopffestigkeit braucht man deshalb, weil einerseits Motoren immer höher verdichtend gebaut werden, dann aber auch, weil sich bei früherem Zündzeitpunkt höhere Drücke entwickeln, weil die Verbrennung eben vollständiger abläuft, bevor der Kolben OT erreicht hat. Das ergibt mehr Druck.

Wie heiss der Kraftstoff verbrennt hängt dagegen vom Gemisch ab, nebst natürlich auch dem Treibstoff selber. Je mehr Luft, umso heisser brennts. Nutzt man auch in der Stahlschmelze... Also: Gemisch mit wenig Treibstoff, aber immer noch genug, um sicher zünden zu können: Im Verhältnis zum Treibstoff gibts im Brennraum mehr Luft. Die Verbrennung läuft also schnell und hart ab, und es wird schnell viel Energie frei, weil ganz sicher jedes Treibstoffmolekül schnell auf genügend Sauerstoffmoleküle trifft.

Fettes Gemisch: Es enthält im Verhältnis zum Treibstoff weniger Luft. Es dauert also länger, bis die Treibstoffmoleküle mit genügend Sauerstoffmolekülen zusammenkommen. Tendentiell verbrennt der Treibstoff in der zur Verfügung stehenden Zeit unvollständig. Es wird weniger Energie frei, und die auch noch eher langsamer. Die Verbrennung ist also weniger heiss. Man hat tiefere Abgastemperaturen als bei magerem Gemisch.

Es hilft also tatsächlich und auch wissenschaftlich-theoretisch nachvollziehbar, dafür zu sorgen, dass die LPG-Anlage nicht zu mager läuft, um die Temperaturbelastung der Ventile, ja des ganzen Motors, zu verringern.

Wie Flashlube wirken soll, ist dagegen weit weniger gut ersichtlich. Es wird meist mit dem Mythos hantiert, dass Ablagerungen im Motor gut seien, und dann die schlicht falsche Referenz zum verbleiten Benzin gemacht. Unter völliger Missachtung der technik-historisch belegbaren Tatsache, dass Bleitetraethyl nicht der (lästigen, weil Motor-/Kerzenverschmutzenden) Ablagerungen wegen erforderlich war, sondern einzig deshalb, weil man die Oktanzahl erreichen musste, die der Motor brauchte und welche das Rohbenzin von sich aus nicht (immer) hatte.

ps: Der Toyota Aygo / Peugeot 107 / Citroën C1, jeweils die Benziner, haben den gleichen Motor unter der Haube wie der Daihatsu Cuore L276. Da dürfte es schon mehr Erfahrungen mit LPG geben. Die sind mit dem Motor schon länger aufm Markt und brauchen auch tendentiell mehr Treibstoff.
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Cuore L251 Bj 7/2003, Automatik: Ausrangiert, leider!

Citroen C1 Automatik BJ 2011:

Mofa: Dreirad auf Basis eines Amsler-Pony, Verbrauch Zweitaktgemisch: <3.5l/100km.

Das grosse Artensterben auf dieser Welt wird den Menschen erst bewusst werden, wenn schliesslich auch der Tiger im Tank ausstirbt.

Geändert von bluedog (09.03.2013 um 01:17 Uhr)
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