Klein sein und bleiben
Hier nun mal wieder ein neues Kapitel des Genius-und-Wahnsinn-Aufsatzes.
Es gibt seit Ewigkeiten ein beklagenswertes Phänomen bei allen Autos. Im Zuge von Modellpflege und Modellwechsel wachsen sie immer. Ewig hört man dann die ständig gleichen Loblieder wie "nun ist er richtig erwachsen" oder "viel besserer Stauraum" oder... ach, keine Lust was aufzuzählen, ist ja alles nix Neues. Und woran liegt das? Na ja - wenn der eine Hersteller sein Modell wachsen lässt, dann will der andere nicht nachstehen. Es gibt wohl einen Markt dafür. Die Menschen wollen im Laufe der Zeit ihre Autos wachsen sehen. Offenbar vermittelt das das Gefühl, selbst auch an Bedeutung zuzunehmen.
Dass man sich dabei nach und nach sehr erhebliche Nachteile einhandelt, scheint trotz allen ökölogischen Diskussionen kaum eine Rolle zu spielen.
Die Wahrheit ist: Es gibt Größenverhältnisse, die auf recht natürliche Weise zu ausgewachsenen Menschen passen. Ein Spielzeugauto ist zu klein, dafür braucht man eine Fernbedienung. Für Busse, LKWs, Flugzeuge braucht man zahllose Steuer- und Rangierhilfen und Waffenscheine. Irgendwo dazwischen gibt es Fahrzeuge, die sich leicht und mit nur minimalen Hilfsmitteln händeln lassen. Angefangen beim Fahrrad, bis hin zu Autos wie dem Cuore oder geringfügig größeren.
Was darüber hinaus an Größe wächst, wird
a) schwerer - und benötigt mehr Energie um bewegt zu werden,
b) träger - und benötigt noch mehr Energie, um beschleunigt zu werden, sowie größer ausgelegte Bremsen, und noch Verstärker, um die Bremsen zu betätigen,
c) schwerfälliger - und benötigt aufwändige Einrichtungen für die Richtungsstabilität (z. B. entsprechende Räder/Reifen/Achsen/Federn) und Verstärker für die Lenkung,
d) platzgreifender - und passt in deutlich weniger Lücken, sowohl beim Fahren als auch beim Parken,
undundund...
Aber wie gesagt, das ist alles nichts Neues. Neu ist vielleicht mein hier ausgesprochener absolut eindeutiger Hinweis, dass das alles ganz klar unvernünftig ist, und dass sich die stets zahllos aufgeführten "Vernunftgründe" für diesen Blödsinn - Sicherheit, Komfort und so - dagegen lächerlich ausnehmen. Weil sie sich nämlich (siehe Cuore) auch bei kleinen, leicht händelbaren Fahrzeugen verwirklichen lassen.
Kurz gesagt: Am regelmäßigen Wachstum der Autos kann man unzweifelhaft erkennen, dass die zivilisierte Menschheit im allgemeinen nach wie vor ziemlich blöd ist. (Ich will mich da gar nicht ausnehmen - fahr ja schließlich momentan auch Golf 2 statt des eigentlich ausreichenden Golf 1, hihi)
Insofern: Genial sind solche Autos, die über sehr viele Jahre sie selbst bleiben und auch Modellwechsel ohne oder fast ohne Wachstum überstehen. Allen voran die Legende Käfer (selbst dann, wenn man ihn, wie ich, nicht besonders mag), aber auch Renault R4, R5 und Twingo, Citroen Ente, Porsche 911, Ford Ka. Lange Zeit gehörte auch der Cuore dazu, aber inzwischen wird der wohl auch langsam aufgeblasen.
Grandiose, aber wohl unvermeidliche Beispiele für den Wachstumswahnsinn sind seit Jahrzehnten Golf/Astra/Focus oder Polo/Corsa/Fiesta und die ganzen anderen dieses Tummelplatzes. Und gewissermaßen den Vogel abschießen tut wohl der Honda Civic, der in seiner Erstfassung Cuore-Größe hatte und heute den Golf-5 wohl noch toppt.
Ganz klar: In diesem Reigen ist der Hijet eindeutig ein kluges Auto. Seit zwanzig Jahren ohne Größenwachstum und immer noch in der genau gleichen Weise praxistauglich wie eh und je.
Aber, wie früher erwähnt, der Hijet kann wohl seine eigene Genialität nicht ertragen. Er toppt den Größenwahn der rollenden Blasebälge durch groteske Versäumnisse in der Modellpflege, wie z. B. abfallende Türgriffe, durchrostende Tanks und im Kindesalter sterbende Motoren...
-- Fortsetzung folgt --
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mulxmilx...
Es war einmal:
Hisel...dakdakdak
Ca. 6900 Liter Diesel / 100.000 km
Geändert von mulxmilx (06.04.2007 um 01:09 Uhr)
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