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Alt 29.03.2007, 01:12   #4
mulxmilx
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Unglücklich Wespenstiche

Eigentlich echt genial - zwei Spezialisten für Mini-Autos arbeiten zusammen. Daihatsu lässt seinen Hijet in Europa weiterbauen von Piaggio, einem ausgesprochenen Spezial-Hersteller für kleine Nutzfahrzeuge. Hier zu Lande kennt jedes Kind die "Vespa" (zu deutsch: Wespe), den Motorroller. Deren dreirädrige Nutz-Variante, die "Ape" (Biene) kennt man hier weniger, sie dürfte aber in vielen anderen Ländern große Beachtung finden. Der Hijet passt da als großer Bruder sehr gut mit hin.
Und, Spagetti hin oder her, dagegen spricht zunächst mal gar nichts, schließlich ist hinlänglich erwiesen, dass man in Italien Autos bauen kann. Alles Weitere - Qualität und so - lässt sich im Prinzip regeln. Im Prinzip... aber die Fakten sind verhängnisvoll!

Erstens: Der Hijet ist vom Konzept her ein ausgesprochenes Allerweltsauto. Ein Fahrzeug, das auf vernünftig-bescheidenem Niveau für sehr viele Menschen, auch Familien, viel Kluges zu bieten hat. Und die Verarbeitungsqualität, mit ein bisschen Nachhilfe, ist auch in vielen Punkten wirklich ordentlich. Demgemäß wäre es für dieses Auto ganz klar das Beste, wenn man unzählige Exemplare davon landauf landab auf den Straßen fände. Haben wir das? Haben wir nicht. Hätten wir das, dann hätten wir auch an jeder dritten Straßenecke einen Schrauber, der ohne Wimpernzucken und für wenig Mäuse jedem Hijet seine Wehwehchen beseitigt. Haben wir das??? Dreimakurzgelacht, von wegen.

Zweitens: Na gut, Zähne zusammengebissen, muss man also bei Bedarf intensiv passende Schrauber suchen und außerdem für Ersatzteile tief in die Tasche greifen. Ein paar mal atmet man tief durch und macht das mit. Thermostat 50 Euro. Winterreifen 450... na prost, nun aber erstmal zum Zahnarzt, alles kaputtgebissen und zerknirscht. Zahnriemen 35 Tacken - Glück gehabt, gabs im Teilehandel, kostet original das Doppelte! Spannrolle fast 110... Scheiße, es reicht langsam. Auspuff-Endtopf schlappe 250... neeeeeeee, da schweiß und kleb und flick ich lieber noch dreiundfünfzigmal. Oder mach ne halbe Republik-Reise, um einen gebrauchten zu holen. Na okay - alles noch weggesteckt. Aber dann:

Drittens: Der Hijet, heute Porter, ist in der Anschaffung sehr günstig. Wird teilweise neu um 8000 Euro feilgeboten. Und dann steht manchmal dabei: "Auch für Gewerbe-Anfänger und auch bei negativer Schufa!" Da wird mir schon komisch. Was mir eine intelligente Kultkiste ist, wird deutschlandweit als No-Budget-Dose für Billigheimer und Abstrapser angepriesen. Wie soll ich mir da vorkommen, wenn so ein Image aufgebaut und gepflegt wird. Da mach ich mich ja vor meinen Kunden lächerlich - spätestens dann, wenn ich mal ne Panne hab, denn dann siehe Zweitens.

Viertens: In der Konsequenz aus Zweitens und Drittens muss ich mir eingestehen, dass der Hijet oder der Porter faktisch ein Wegwerf-Auto ist. Billig in der Anschaffung und Haltung, so lange alles funzt. Aber wenn was kaputtgeht... lohnt sich nicht, zu teuer. Tja, und mit dieser Einstellung, bei aller Ehre, kann ich nicht leben. Mir kräuseln sich alle Nackenhaare, wenn ich an die teuren Übrigbleibsel Zahnriemen und Spannrolle denke... alle 100000 spätestens wechselt man sowas - aber wenn doch die meisten Dosen schon vorher verrecken, wer braucht dann sowas? - Wenn es wenigstens an wirklich wichtigen Stellen wirksame Modellpflege gäbe. Pustekuchen. Neues Kühlergrill-Design haben wir, pah, da pell ich mir beide Eier drauf. Aber z. B. die Schiebetüren, so ziemlich das Wichtigste an der Dose, da gehen seit Ewigkeiten die Griffe und die Führungen kaputt. Und? Lernt jemand bei den Herstellern draus? Gibts jetzt was besseres als vor 15 Jahren???

Fünftens: Naja, wer sollte da auch lernen. Der Hijet/Porter ist heute nicht Fisch und nicht Fleisch. Weder Itaker noch Japse. Und die Leute von Piaggio kucken wohl dann und wann nur halbherzig hin und die von Daihatsu kucken wohl seit Jahren lieber weg und schämen sich dass da jahrelang noch Dai draufstand, riesengroß. Im Gefolge dieser Uneindeutigkeiten kann die Infrastruktur für Teile und Service nur katastrofal sein. Nochmal zurück zu Zweitens: Von wegen Schrauber suchen. Man findet nicht mal gescheite Werkstätten mit serienmäßiger Erfahrung. Ob Schrauber oder Fachwerkstatt, immer muss man zu mindestens 80% damit rechnen, dass alle bloß rumprobieren.

Also - geben wir uns alle einen Ruck und schließen uns zusammen als unverbrüchliche eingefleischte Hijet-Kultgemeinschaft und bieten nimmermüde der schnöden Wirklichkeit die Stirn... Okay? - Tja, ganz schön knifflig, bei derart finsteren Voraussetzungen. Finde ich.

-- Fortsetzung folgt --

Geändert von mulxmilx (29.03.2007 um 01:17 Uhr)
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