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Alt 24.06.2008, 16:11   #4
bluedog
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Dann hab ich hier auch mal was beizutragen. Ist zwar nur eine Tagestour gewesen, aber doch ganz schön, und für so ein kleines Auto wie meinen L251 wie ich finde ganz eindrücklich. Ich wollte das schöne Wetter ausnutzen, und hab mich gestern mit einem Kumpel auf den Weg gemacht, die Alpenpässe der Schweiz einmal mehr zu verunsichern. Man hätte kaum besseres Wetter dafür antreffen können, sonnig und heiss. Ich hab kein Thermometer, deshalb weiss ich nicht so ganz genau wie heiss es war, aber selbst auf den Passhöhen hielt man es gut im T-shirt aus, um nicht zu sagen, es war auch dort sehr warm.

Start mit vollem Tank in Fribourg, 07.00 Uhr morgens. Ab, via Tafers - Schwarzenburg nach Thun. Von dort per Autobahn weiter: Spiez - Kandersteg. Dort hatten wir Glück, und man konnte ohne Wartezeit direkt zur Kasse des Autoverlads vorfahren. Nachdem das Ticket (20.-Fr.) gekauft war, gings auch sofort auf den bereitstehenden Zug. Vorfahren, soweit es geht. Dann Motor aus, P einlegen, Handbremse Ziehen. Nach ein paar wenigen Minuten des wartens rollte der Zug an. Das erste kurze Stück unter freiem Himmel, der wegen des Schutzdaches allerdings nicht zu sehen war. Dann durch den Lötschbergtunnel. Innenlicht an. Radioempfang is nicht. CD hab ich auch nicht gebraucht, da mein Kumpel und ich uns prima unterhalten haben. Für ihn war es das erste Mal, dass er sowas erlebte.

Kaum aus dem Tunnel raus, steht der Zug auch schon an der Verladerampe. Kurzes Warten, bis die Fahrzeuge vor uns sich in Bewegung setzten. Dann erwachte auch der brave EJ-VE wieder zum Leben.

Die Strecke von Goppenstein bergab geht im D und im 3. Gang ohne Gas. Der Lieferwagen mit Anhänger vor uns, dem Kennzeichen nach aus dem Schaffhausischen, fährt die Strecke sicher nicht zum ersten mal. Er fährt angenehm zügig um die Kurven. Ausser vor den Haarnadelkurven brauche ich nicht zu bremsen und kaum einmal zurückzuschalten.
Dann Das Wallis hoch. Erst noch auf der berühmten breiten und Schnurgeraden Strasse. Die Sonne lacht, und die Berghänge links und rechts sind freundlich grün. Um Zehn Uhr Frühstückspause in einem sehr amerikanisch aussehenden Truck Stop. Man wirbt - ganz stilecht - mit "Air Condition". Ich bestelle Eine heisse Schkokolade, und mein Kumpel genehmigt sich den obligaten Kaffee. Dazu zwei Gipfeli (auch Hörnchen oder Croissant genannt). Beim Bestellen geniesse ich es, mal wieder schweizerdeutsch reden zu dürfen. Sonst muss ich ja immer auf französisch bestellen... Der Parkplatz ist quasi leer. Wir sitzen auf der Veranda und genissen das sonnige Wetter. Die Preise sind angenehm moderat. So hätte ich nicht damit gerechnet, dass man ein Gipfeli im Restaurant noch für einen Franken bekäme. Kostet meist schon beim Bäcker mehr. Und dabei wars noch nicht mal Selbstbedienung. Dafür sind die Spritpreise gesalzen. Im Wallis schein man sich momentan auf den Einheitspreis von 2.- für den Liter Bleifrei 95 geeinigt zu haben. Billiger ist es nirgends angeschrieben. Ich hatte damit gerechnet, und deshalb in Fribourg für 1.925 Fr. vollgetankt. Das ist jetzt gut 120km her.
Ich zahle, und es geht weiter. Immer die Strasse lang das Goms aufwärts. Selbst, als es Autobahn gibt, verzichten wir darauf. Im Goms wird die Strasse kurviger und man trifft auf die typischen Walliser Dörfer mit den von der Sonne dunkelbraun bis schwarz gebrannten Châlets mit Schieferdächern. Die Ortsdurchfahrten sind zwar nicht wirklich eng, aber die Häuser stehen nicht selten direkt am Strassenrand, so dass man mit bedacht fahren muss. Man weiss ja nie, wann und hinter welcher Hausecke ein Fussgänger die Strasse betritt.

In Ulrichen lassen wir den Nufenen rechter Hand liegen. Der Pass gehört zwar auch zu den schöneren, und ich mag ihn sehr, aber diesmal hab ich anderes Vor.
Ziel ist Der Grimsel. Bergauf lernt der ein oder andere Motorradfahrer den schmalen und wendigen Cuore schätzen. Den können die ggf. locker in den weiten Kurven überholen, die ich absichtlich etwas enger fahre, so dass sie meist nicht einmal auf die Gegenfahrbahn ausholen müssen. In See auf der Passhöhe sind massig Eisschollen. Ich komme mir schon fast vor, wie in der Arktis, bei dem Anblick, und würde mich wunderlicherweise nicht wirklich wundern, wenn da nun auch noch ein Eisbär seine Runden ziehen würde zwischen den meterdicken Eisschollen in dem spiegelglatten See, in dem sich das Blau des Himmels spiegelt.
Wenn man dann aber aus diesen Träumereien aufzuwachen geruht, kommt man, angesichts der Staumauer, die sich in eine Felslücke zwängt, schnell drauf, dass man es weder mit ganz unberührter Natur, noch mit der Arktis zu zun hat. Es ist kurz vor Zwölf, und mein Magen knurrt eigentlich schon. Trotzdem gibts nur was zu trinken. Wir haben noch einiges vor heute, und die nächste Passhöhe ist, Cuore sei Dank, nur ein Katzensprung entfernt. Ob das wohl wirklich was mit dem Flying D auf der Motorhaube zu tun hat? Man könnte es glauben...
Die Passabfahrt mit den vielen Kurven ist eine wahre Freude. Meist wird im dritten Gang gefahren. Ohne Gas. Gebremst wird, mit wenigen Ausnahmen, nur vor den Kurven. Ein oder zwei Fahrzeuge vor mir stehen im wortwörtlichen Sinn diesem zügig-ökonomischen Fahrstil im Weg. Die werden bei Gelegenheit überholt. An einem Montag ist ja nicht viel Verkehr. Trotz des strahlenden Wetters.

Kaum unten angekommen, geht es schon wieder die Kurven des Susten hoch. Auf der Passhöhe angekommen, stelle ich meinen kleinen, braven Cuore selbstbewusst neben einem gelben Porsche Carrera direkt vor einer ca. 3m hohen Schneemauer ab.
Wir überqueren die Strasse und nehmen die letzte Serpentine hinauf zum Selbstbedienungsrestaurant zu Fuss. Die paar Schritte tun Körper und Gest wohl. Ein deutscher Audifahrer, an der deutschen Beflaggung als Fussballfan zu erkennen, sah das wohl anders. Als einziger hatte er sein Mobil direkt auf Höhe der Terrasse des Restaurants in der Anfahrtssteigung zu einem Gebäude geparkt, das zumindest aussah wie eine Militärkaserne. Wir holen uns Mittagessen. Für mich gibts ne Flasche Cola und einen Teller Spaghetti Bolognese. Das tut gut.

Frisch gestärkt fahren wir weiter durch den kurzen Scheiteltunnel, und dann wieder abwärts.

Da wir beschlossen haben, dass der Lukmanierpass heute noch auf unserem Weg liegen soll, steht auf dem Weg dahin noch der Oberalppass als nächstes an. Auf der Passhöhe wird diesmal aus Zeitgründen keine Rast mehr gemacht. Eindrücklich ist das Trotzdem.

Unwillkürlich stellt sich auf jeder Passhöhe ein Gefühl der Erleichterung ein. Man atmet auf, auch wenn so ein Pass mit dem Auto zu bezwingen an sich keine grosse Leistung mehr bedeutet... Man kann, besonders wenn das Wetter nicht ganz so gut ist, die Berggeister förmlich fühlen, die den alten Eidgenossen - allen voran den Urnern, das Leben schwer machten... Wir haben soviel Wetterglück, dass bei strahlendem Sonnenschein, wenn auch mit aufziehenden Gewitterwolken, davon nur wenig zu merken ist. Der Lukmanier zieht sich. Die Strasse ist weit weniger spektakulär als ich es mir erhofft hätte. Die Abfahrt im Süden ist lang. Irgendwo unterwegs halten wir an. Selbstbedienung. So halb jedenfalls. Scheint nicht viel los zu sein. Wir holen uns was Zu trinken. Verständigung in einem Mix aus den paar Worten Italienisch, die mein Gedächnis noch hergibt. Gelernt hab ich Italienisch nie. Bloss ein paar Worte kann ich trotzdem... Ich war schon mit Tessinern um die Häuser gezogen, und seit frühester Kindheit hatte unsere Familie immer mal wieder Urlaub und später Tagesausflüge ins Tessin unternommen. Nicht selten sogar bis Norditalen. Luino, Varese,... Und dem Wirt scheint es mit Deutsch so ähnlich zu gehen... Immerhin versteht er mich ohne Weiteres, und wiederholt auf italienisch die Bestellung, die ich auf Deutsch aufgegeben hatte. Es rteicht gerade, dass wir einander ohne allzugrosse Mühe verstehen. Sowas hatte ich erwartet. Der Mann lebt schliesslich von Touristen.
Obwohl die Begegnung freundlich war, will ich schnell weiter. Ich habe seit Monaten ernste Probleme mit meinem Tessiner WG-Mitbewohner, und die Sprache erinnert mich zu sehr daran.

Es geht also nach kurzer Zeit weiter Richtung Biasca. Die Strecke zieht sich. Nicht überraschend, denn sie wirkt auch auf der Karte nicht gerade kurz. In Biasca angekommen, geht es auf der Haupstrasse weiter. Ich bin schon einmal auf der Autobahn richtung Norden gefahren. Damals von Locarno her. Wo genau ich auf die A2 drauf bin, weiss ich nicht mehr. Aber ich weiss noch, dass die Autobahn dort so steil ist, dass der Cuore Mühe hatte, die Limite (120 oder dann 100) zu erreichen. Man hätte die 100 in der dritten Stufe fahren müssen, worin ich keinen Sinn sah. Im Vierten war die Leistung so knapp, dass man an Geschwindigkeit verlor, und dann von Zeit zu Zeit heruntergeschaltet wurde, um wieder auf die 105km/h zu kommen. Darauf hatte ich keine Lust. Ausserdem sieht man viel mehr von der Bahnstrecke und der kühnen Trassierung der Autobahn, wenn man sich die Hauptstrasse durch die Dörfer bedient. Des weiteren war nach Kilometern mit einem gelegentlichen Tankstop zu rechnen. Den wollte ich nicht zu Wegelagererpreisen an der A2 machen müssen. Also auf durch die Dörfer!

Irgendwo unterwegs finden wir dann auch noch eine ganz kleine Tankstelle mit nur einer einzigen Zapfsäule, wo man Bleifrei95 für verhältnismässig günstige 1.95Fr. Tanken kann. Obwohl der Tank nach der bekanntermassen mit grosszügiger Reserve kalkulierenden Tankanzeige immer noch zu 1/8 voll ist, nutze ich die Gelegenheit. Es stehen noch ca. 200km Minimum auf dem Programm, wenn wir heute noch zurück nach Fribourg wollen, und ich weiss nicht, ob nochmal so eine Gelegenheit kommt, bevor der Tank leer ist. Da ich aber gemerkt habe, dass der Wagen heute überraschend sparsam über alle Berge ging, tanke ich nur 16l. Mehr werden wir auch im Schlimmsten Fall nicht brauchen bis Fribourg, und je nach Routenwahl kenn ich unterwegs noch eine Tanke, deren Preis ich mittlerweilen auf zwischen 1.90 und 1.92 schätze. Ich bedanke mich bei meinem Kumpel, denn ich selbst hätte die Tanke glattweg übersehen.
Die Fahrt geht weiter Bergauf. Kurz darauf folge ich dem Wegweiser richtung San Gottardo, und wir finden uns unvermittelt auf der Tremola, der alten Passtrasse mit Kopfsteinpflaster wieder. Die wollte ich eigentlich meinem kleinen Zebra (So nenn ich meinen geliebten Cuore) nicht zumuten. Da ich die Strasse aber kenne, und weiss, dass sie mit ihren engen Spitzkehren und den imposanten Stützmauern sehr sehenswert ist, bin ich mir zu fein, umzukehren. Wir tuckern also mit +-40km/h auf den Pass zu. Mein Kumpel, ein Chinese, der in Fribourg studiert, ist mächtig beeindruckt. Nicht zum ersten Mal an diesem Tag.
Nicht lange, und auch der Gotthard ist unser. Oben halten wir an, vertreten uns die Beine, beschliessen aber das Restaurant in Frieden zu lassen. Nicht zuletzt, weil unsere Reisekasse Studententypisch dann doch zur Magersucht neigte.

Für die Abfahrt Richtung Norden nehmen wir die moderne, sehr gut ausgebaute Passtrasse. Auf der Passhöhe stehen massig Radschützenpanzer der Schweizer Armee rum. Ein oder Zwei davon sahen wir während der Pause auch auf den Strassen auf der Passhöhe. Auch an den Anhaltebuchten und Aussichtsplätzen treffen wir auf einige solche Gefährte, nebst einigen Puch G, teils mit Anhänger. Etliche dieser Geländewagen kommen uns auf der Abfahrt entgegen. Sonst kann man die Fahrzeuge auf der Strasse fast an einer Hand abzählen.

Aus Zeitgründen wechselten wir bald schon auf die Autobahn. Ich muss zu meiner Schande gestehen, nicht mehr darauf geachtet zu haben, wo genau. Jedenfalls wurde auf der Gotthardraststätte dann noch einmal halt gemacht. Getränke vom Kiosk und ein Nussgipfel. Mehr gibt das Budget nicht mehr her, wenn irgendwann auch noch ein Abendessen drin sein soll. Wir denken an einen Kebab oder ähnliches.
Als wir wieder aufbrechen, ist es ca 18.30h. Bis Luzern Autobahn. Auf der abschüssigen Strecke kommt man mit sehr wenig Gas aus.

Ab Luzern kenn ich wieder jeden Meter der Strecke persönlich. Es sind wenig mehr als 150km bis Fribourg übrig, wenn man den kürzesten Weg nimmt. Autostrasse ab Littau bis Malters. Dann über Werthenstein nach Wolhusen, von dort durch das Luzerner Hinterland. In Willisau links Richtung Huttwil. In Gettnau zeigt die Ruedi-Rüssel-Tankstelle 1.90Fr. für Bleifrei95. Volltanken. So in etwa hatte ich mir das vorgestellt. Zell. Kebabbude. Für mich gibts Cevapcici mit Pommes Frites, und mein Kollege futtert gemächlich seinen ersehnten Döner. Weiter nach Huttwil - Affoltern i.E. - Lueg - Burgdorf - nach Schönbühl. Eine schöne Dämmerungsfahrt überland. Ab Schönbühl dann per Autobahn nach Fribourg. Es ist ca. 23.10h, als ich in der Stadt meinen Kumpel aussteigen lasse, und selbst nach Hause fahre...

Da ich am Freitag hatte Kühlflüssigkeit nachfüllen müssen, hab ich natürlich bei jedem Zwischenhalt nach dem Kühlwasserstand geguckt. Kein Verbrauch festgestellt. Und das auf einer Strecke, wo andere wohl gelegentlich mit Hitzeproblemen kämpfen müssten, an einem so schönen und heissen Tag wie diesem. Cuore sei Dank!
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Cuore L251 Bj 7/2003, Automatik: Ausrangiert, leider!

Citroen C1 Automatik BJ 2011:

Mofa: Dreirad auf Basis eines Amsler-Pony, Verbrauch Zweitaktgemisch: <3.5l/100km.

Das grosse Artensterben auf dieser Welt wird den Menschen erst bewusst werden, wenn schliesslich auch der Tiger im Tank ausstirbt.

Geändert von bluedog (24.06.2008 um 16:23 Uhr)
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