Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 05.12.2022, 20:15   #8
bluedog
24/7 Poster
 
Registriert seit: 05.12.2006
Ort: Menznau LU/CH
Alter: 43
Beiträge: 6.930
Standard

Grundsätzlich kannst Du in dein Auto das Öl einfüllen, was Dir passt, solange Du wirklich Eigentümer des Autos bist. Du darfst da als JEDES Öl einfüllen, von unpassendem wie ATF oder Diesel über Schweröl, Salatöl, Nähmaschinenöl oder was immer Dir gefällt.
Es verbietet Dir ja schliesslich niemand, mit Deinem Eigentum zu tun und zu lassen, was Du willst, solange Du dich an geltendes Recht hältst. Es ist dann aber selbstverständlich auch niemand anders als Du selber verantwortlich für deine ureigenst persönliche Entscheidung.


Nun wurde aber nach dem technischen Grund gefragt, warum für einen 2008er Sirion ausschliesslich 30er Öl empfohlen wird vom Hersteller. Da ich über und von dem Hersteller nicht mehr weiss als warscheinlich jeder hier, der seit >10 Jahren aktiv ist, weiss ich das auch nicht so genau.


Müsste ich aber ganz wild raten, würde ich meinen, dass das durchaus was mit gemässigtem Klima und einer Norm zu tun haben dürfte, die Autofahrer als NEFZ kennen. Sprich, die damals gültige EU-Vorgabe zur Ermittlung des Treibstoffverbrauchs bei PKW.


Dickflüssigeres Öl sorgt halt auch für mehr Reibung im Motor. Sprich, man nimmt dann halt eins, das nicht viel mehr Hitze aushält, als es muss, dafür aber schon kalt gut fliesst. Ein 30er-Öl fliesst in etwa wie ein guter Blütenhonig, solange es halbwegs warm ist, und es hat auch in etwa die Farbe. Nimmt man was noch dünnflüssigeres, dann nimmt vermutlich - ich hab mal vor vielen Jahren einiges zum Thema gelesen, bin aber auch kein Experte - der HTHS-Wert ab. Das steht für High Temperature High Shear und meint einen heissen Motor bei hoher Drehzahl, wo die Ölmoleküle stark auf Scherung beansprucht werden.


Der Heisse Motor ist deshalb das Mass der Dinge, weil dann das Öl dünnflüssiger als kalt ist, und so der Schmierfilm leichter abreissen kann. Die Scherbeanspruchung lässt das Motoröl mit jedem Durchgang durch den Motor altern, indem Moleküle, modellhaft gesprochen, zermalen oder zerquetscht werden, und dann als Trümmer enden, die kürzer und deshalb leichter Flüchtig sind. Zurück bleibt dann umso mehr Teer oder Ölkohle als Ablagerung im Motor.


Zielkonflikte bestehen einerseits darin, dass ältere Motoren grössere Toleranzen haben können, die durch Verschleiss auch nicht weniger werden. Da haut dünnflüssiges Öl dann gern ab. An sich wäre das aber, solange der Schmierfilm nicht abreisst, weil das Öl zu heiss und zu dünnflüssig wird, optimal, weil dünnflüssigeres Öl beim Kaltstart schneller im Motor verteilt wird und man dafür auch weniger Kraft braucht, und weil so die Reibung im Motor klein gehalten wird, und man somit Kraftstoff spart.


Nur ist es so, dass in der Tendenz auch der HTHS-Wert bei dünnerem Öl geringer ist, das heisst, das Öl kommt dann mit Hitze und hoher Drehzahl schlechter klar. Deshalb verwendet man bei Rennen gern trotzdem W50 und W60er Öle. Rennfahrer haben nicht viele Kaltstarts, und die Motoren sind, wenn die Flagge fällt, zuvor lange genug warm gelaufen.


An der Stelle kommen die API-Normen ins Spiel, die so Dinge wie den HTHS-Wert und anderes mehr miteinbeziehen. API steht für American Petrol Industriy oder so ähnlich und sagt so ersmal nichts. Die vergeben Kürzel aus zwei Buchstaben. Der erste davon ist bei PKW ein S und das zweite ist einer, der dem Alphabet folgt. Mit jeder neuen Norm gehts einen Buchstaben weiter.


Diesel haben als ersten Buchstaben ein C (=Commercial, denn das sind in den USA vor allem Trucks aller Grössen) Dann gibt es glaub ich noch E- Normen, die, Irrtum vorbehalten, für Fahrzeuge mit Partikelfilter sind. Die brauchen Öl, das mit möglichst wenig Asche verbrennt, weil sich sonst der Partikelfilter zu schnell zusetzt.


Ein API SN ist also ein moderneres Öl als ein API SM. Generell sollte man kein Öl verwenden, das einer älteren Spezifikation entspricht als es der Motorhersteller vorgibt, kann aber in der Regel gefahrlos neuere Öle verwenden. Wenn also ein Toyota aus den neunzigern API SF oder SG verlangt, dann geht alles danach auch.


Dann gibt es noch ACEA Normen. Bei Daihatsu und Toyota geht es da meist um A3 oder A5. Irrtum vorbehalten, steht das A auch wieder für PKW mit Benzinmotor. die Zahl folgt dann der Entwicklungsstufe der Norm. A1 und A2 sind veraltet.


Immer vorbehältlich eines Irrtums macht man bei einem Motor aus dem ausgehenden 20. Jh. oder neuer keinen Fehler, wenn man ihm ein ACEA A3 einfüllt. A5 hingegen ist ein moderneres Öl und sollte nur in Motoren verwendet werden, die A5 auch offiziell vertragen. Unter anderem, weil A5 einen niedrigeren HTHS-Wert aufweist als A3. Das hilft zwar Sprit sparen, beansprucht einen Motor, der dafür nicht konstruiert ist, aber stärker als ein A3 mit einem in der Regel höheren HTHS-Wert, also einer besseren Beständigkeit bei hoher Temperatur und Drehzahl, was aber eben ein wenig mehr Reibung bedeutet.


Wenn wir von mehr Reibung reden, dann sollte man das (stark!) relativieren. Moderne Treibstoffsparöle versprechen, auch diese Zahlen aus der Erinnerung, bei einzelnen Kraftstoffsparnormen irgendwas zwischen 0.5 und 1.8, im Extremfall 3% Verbrauchseinsparung, und das aber auch nur, wenn das Öl noch frisch ist, also in den ersten paar tausend km nach dem Ölwechsel, wenn die Additive noch nicht zerfallen und das Grundöl noch nicht allzu sehr ein Opfer der Scherbeanspruchung wurde.


Ich persönlich würde für diesen Effekt weder auch nur einen Euro pro Liter mehr zahlen, noch mir dafür im Zweifel den Motor kaputtfahren, indem ich - im Sommer vor allem, einen Abriss des Schmierfilms irgendwo im Motor riskiere. Das ist aber nur meine persönliche Meinung. Bei einem Letzthänder, mit dem man den nächsten TÜV sowieso nicht mehr schafft, kann das egal sein, und auch bei einem auf 2-5 Jahre geleasten Wegwerfauto kann man ruhig kompromisslos Sprit sparen, auch auf Kosten der Schmierfähigkeit des Öls. Der geht ja weg, bevor man die Folgen refinanzieren müsste, und der nächste und übernächste Eigner nehmen es gerade bei "nur" einem japanischen Kleinstwagen oft mit der Wartung eh nicht so genau. Was solls also...


Zur Viskosität, also dem Spiel mit dem W und den Zahlen, kann man sagen, dass es da massenhaft Videos auf Youtube gibt, wo man sehen kann, was Kälte mit Öl unterschiedlicher Viskosität anrichtet. Die Heute fast ausgestorbenen 15-WXX Öle fliessen bei -15 oder -20°C kaum noch. Bis sowas an einem kalten Wintermorgen den kalten Motor durchgeölt hat, kanns durchaus zwischen 30 und 60s. dauern.


10-Wxx ist da schon erheblich flüssiger, und dementsprechend weniger leidet der Motor beim Kaltstart. Da sind sehr viel schneller alle Schmierstellen versorgt, aber auch da dauerts noch so bis zu 30s.


5-Wxx ist da wesentlich besser, aber es kommt halt auch im Sommer irgendwann an Grenzen.


0-Wxx ist dann im kalten Zustand theoretisch so dünnflüssig wie Wasser, wobei das auch nicht mehr gilt, wenn die Temperaturen tiefer werden.


Ich persönlich halte es nicht für wünschenswert, dass ein Öl, vor allem im Sommer, dünn wie Wasser ist. Ich kann das nicht wissenschaftlich begründen, finde aber, der Gedanke sei inkompatibel mit einem brauchbaren Schmierfilm. Deshalb kriegt mein Prius III auch kein 0er-Öl. Da kann mir Toyota hundertmal in die Bedienungsanleitung schreiben, dass für den ein 0-W20er Öl Standard sei. Zudem wird dem Sommers reichlich warm unter der vollgepackten Motorhaube, was mir persönlich nicht empfehlenswert erscheinen Lässt, ein 0-W20er-Öl einzufüllen. Erst recht nicht, wenn es mich dann damit in die brütende Hitze Südfrankreichs verschlägt, wo dann auch noch sehr viel Autobahn gefahren wird; selbst wenn ich in der Regel nicht schneller als 100km/h fahre...
Sas ist aber nur Bauchgefühl, und solangs nicht mein Auto betrifft, können andere da auch Nähmaschinenöl einfüllen, von mir aus. Ich zahle deren Werkstattrechnung nicht.
Zum Zahnriehmen: Dem dürfte egal sein, was für ein Öl ihn geschmeidig hält, solange es nur nicht zu viel Ölkohle und ähnliches hinterlässt. Ketten zu schmieren ist sicherlich nicht das, was die Anforderungen ans Motoröl setzt. Hauptsache, die Kette läuft nicht trocken. Meines Wissens haben Daihatsu nicht mal einen Hydraulischen Kettenspanner.
Da dürfte aufgrund der Motorlast und der Drehzahlen auf der Autobahn eher die Hitzeleitfähigkeit und die Verdunstung kritisch sein. Wenn nämlich schlechtes Öl an der Zylinderwand überhitzt, und dann am Abstreifring des noch heisseren Kolbens vollends verkohlt, dann hat man technisch gesehen einen Hitzeschaden und wegen verklebter Kolbenringe einen schnell steigenden Ölverbrauch, der bald ins Geld geht.


Nimmt man hingegen zu dickes Öl, ist die Schmierung auf Kurzstrecken nicht ideal und man kriegt vermutlich auch mit der Ventilverstellung Zoff. Letzteres aber mit jedem Öl, wenn man sich nicht an die Wechselintervalle hält und meint, die Maschine verbrauche so viel Öl, dass man nicht mehr zu wechseln Brauchte. Tatsächlich fährt man dann eher mit Teer als mit Öl im Motor und darf sich nicht wundern, wenn die Teerpampe dann Ölkohle hinterlässt und Ölkanäle zusetzt...
__________________
Cuore L251 Bj 7/2003, Automatik: Ausrangiert, leider!

Citroen C1 Automatik BJ 2011:

Mofa: Dreirad auf Basis eines Amsler-Pony, Verbrauch Zweitaktgemisch: <3.5l/100km.

Das grosse Artensterben auf dieser Welt wird den Menschen erst bewusst werden, wenn schliesslich auch der Tiger im Tank ausstirbt.
bluedog ist offline   Mit Zitat antworten